Die Richtlinie sieht Steuerbefreiungen für bestimmte, dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten vor. Die Befreiungen betreffen jedoch nicht alle Förderungen, sondern nur diese, welche in der Vorschrift einzeln aufgeführt und genau beschrieben sind.
Dem Urteil nach wurde insbesondere herausgestellt, dass weder nach Unionsrecht noch nach nationalem Recht der Schwimmunterricht von der Mehrwertsteuerbefreiung umfasst ist.
Im Rahmen des Schwimmunterrichts einer Schwimmschule werden im Wesentlichen Kurse durchgeführt, in denen die Grundlagen und Techniken des Schwimmens vermittelt werden. Insofern ist festzustellen, dass der Schwimmunterricht unzweifelhaft von Wichtigkeit ist und ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt. Jedoch bleibt der Schwimmunterricht ein spezialisierter und punktueller Unterricht, der für sich allein und nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt (Urteil v. 14.3.2019 C-449/17).
Ferner ist dem EuGH-Urteil von 28.1.2010 –
C-473/08 nach der Begriff „Schul- und Hochschulunterricht“ im Sinne der MwStSystRL nicht auf den Unterricht beschränkt, der zur Erlangung einer Qualifikation führt, sondern er umfasst auch andere Tätigkeiten, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um Kenntnisse zu bilden, sofern der Freizeitcharakter nicht im Vordergrund steht.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sollen demnach auch unterschiedliche Anwendungen der Mehrwertsteuerregelungen durch die Mitgliedsstaaten verhindert werden.
Insofern hat der Gerichtshof im Urteil vom 14.03.2019 – C-449/17 und im Beschluss vom 07.10.2019 entschieden, dass die Unterrichtsangebote einer Fahrschule und einer Surf- und Segelschule privater Einrichtungen nicht im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL unter den Begriff der „Schul- und Hochschulausbildung“ fallen.
Fraglich ist, was der EuGH unter einem „punktuell“ erteilten Unterricht, der „für sich allein“ nicht den Anforderungen an begünstigten Unterricht genügt, versteht.
Dies erschwert die Rechtsanwendung für private Anbieter von Bildungsleistungen und für die jPdöR (Kammern, VHS, Hochschulen, Kirche). Denn fraglich ist, ob bei dieser Auslegung die folgenden Bildungsleistungen noch umsatzsteuerbefreit sein können. Dies kann bspw. betreffen:
- Sprach-, Tanz- und Musikschulen,
- Nachhilfeunterricht (etwa in Mathematik „für sich allein“ betrachtet) sowie
- Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher und belehrender Art.
- Die EuGH-Rechtsprechung wird deutlich kritisiert. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Finanzverwaltung hierzu positioniert.