Vorsteuerabzug bei Kureinrichtungen
Der BFH setzt sich aktuell erneut mit dem Vorsteuerabzug bei Kureinrichtungen auseinander. Im konkreten Fall geht es um eine Gemeinde (staatlich anerkannter heilklimatischer Luftkurort), dessen Kurverwaltung eine Kurtaxe erhebt. Mit den Einnahmen der Kurtaxe wurde die Herstellung, die Unterhaltung und die Sanierung von Kureinrichtungen finanziert. Die Einrichtungen sind für jedermann frei zugänglich, was bedeutet, dass eine Kurtaxe zum Eintritt nicht benötigt wird. Im Rahmen der Umsatzsteuererklärungen sah die Klägerin die Kurtaxe als Entgelt für eine umsatzsteuerpflichte Tätigkeit (Kurbetrieb) an und begehrte den Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen, die mit dem Fremdenverkehr zusammenhingen. Das Finanzamt führte daraufhin eine Außenprüfung durch und ging ebenfalls davon aus, dass die Klägerin mit dem Kurbetrieb eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat, kürzte allerdings erheblich die Vorsteuerbeträge. Einspruch und Klage beim FG Baden-Württemberg (v. 17. Oktober 2018 – 1 K 1458/18) blieben erfolglos, weswegen sich die Klägerin mit ihrer Revision an den BFH wandte.
Dieser setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH im Vorabentscheidungsersuchen am 15. Dezember 2021 folgende Fragen vor:
- Übt unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens eine Gemeinde, die aufgrund einer kommunalen Satzung von Besuchern, die sich in der Gemeinde aufhalten (Kurgäste), für die Bereitstellung von Kureinrichtungen (z.B. Kurpark, Kurhaus, Wege) eine "Kurtaxe" (in Höhe eines bestimmten Betrages pro Aufenthaltstag) erhebt, mit der Bereitstellung der Kureinrichtungen an die Kurgäste gegen Kurtaxe auch dann eine wirtschaftliche Tätigkeit i. S. des Art. 2 Abs. 1 lit. c MwStSystRL aus, wenn die Kureinrichtungen ohnehin für jedermann (und daher z.B. auch für nicht kurtaxepflichtige Einwohner oder andere nicht kurtaxepflichtige Personen) frei zugänglich sind?
- Falls die Frage 1 bejaht wird: Ist unter den o. g. Umständen des Ausgangsverfahrens bei der Prüfung, ob die Behandlung der Gemeinde als Nicht-Steuerpflichtige zu "größeren Wettbewerbsverzerrungen" i.S. des Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL führen würde, der räumlich relevante Markt nur das Gemeindegebiet?
Problematisch ist bei der ersten Vorlagefrage die unionsrechtliche Fragestellung, ob die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen erfolgt. Insbesondere müsse der Leistungsempfänger identifizierbar sein und einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt. Der BFH hält es dabei für nicht ausgeschlossen, dass es hinsichtlich einer Nutzungsüberlassung von Kureinrichtungen an einer wirtschaftlichen Tätigkeit fehlt. Er führt hierzu aus, dass wenn die Finanzierung einer Leistung durch (Pflicht-)Beiträge erfolgt, sich keine Leistung gegen Entgelt ergibt, da sich die Vorteile nur mittelbar ableiten würden. Dadurch könnte das Vorliegen einer Leistung gegen Entgelt zu verneinen sein, da die kurtaxpflichtige Person keinen Vorteil gegenüber der Allgemeinheit erlangt, wenn die Kureinrichtungen für alle anderen Personen öffentlich zugänglich sind.
Die klagende Kommune wies jedoch darauf hin, dass bei einer isolierten Betrachtung des Rechtsverhältnisses zwischen Gemeinde und kurtaxpflichtiger Person die Zahlung durchaus als Gegenleistung für die Benutzung der Kureinrichtungen angesehen werden kann.
Die zweite Frage befasst sich mit dem relevanten Markt für die Beurteilung einer Wettbewerbsverzerrung, was im Hinblick auf § 2b UStG entscheidend ist. Ob nur der lokale Markt, wie auch immer dieser zu bestimmen sei, oder ein größerer räumlicher Bereich in die Prüfung einzubeziehen sei, bleibt abzuwarten. Hinsichtlich der praktischen Umsetzbarkeit wäre eine Begrenzung auf den jeweiligen lokalen Markt jedoch kaum zu bewerkstelligen.
Es bleibt abzuwarten, wie sich der EuGH zu dieser, für viele Kur-Orte entscheidenden Frage positionieren wird.